Das Wasserfall-Prinzip ist charakteristisch für Verbriefungen. Die eingehenden Zahlungen werden in einer festen Reihenfolge an die ABS-Investoren verteilt:
Die Zweckgesellschaft refinanziert den Kaufpreis durch die Begebung von unterschiedlichen Klassen von Schuldverschreibungen. Die unterschiedlichen Klassen stehen in einem Rangverhältnis zueinander. Die Laufzeit der Schuldverschreibungen orientiert sich an der wirtschaftlichen Laufzeit des Portfolios. Die Verzinsung der Schuldverschreibungen orientiert sich in der Regel am 3-Monats-Euribor zuzüglich eines risikoabhängigen Aufschlages. Die von der Gesellschaft emittierten Schuldverschreibungen bilden die Zahlungsströme des Portfolios ab. Die Emittentin bedient ihre Zins- und Kapitalzahlungspflichten unter den Schuldverschreibungen aus den Zahlungen auf das Portfolio. Da dies die einzige Einnahmequelle der Gesellschaft ist, übernehmen die Inhaber der Schuldverschreibungen entsprechend das mit dem Forderungsportfolio verbundene Ausfallrisiko.
Inhaber der vorrangigsten Wertpapiere (Senior Tranche) erhalten als erste Zahlungen auf ihre Ansprüche auf Kapital und Zinsen. Das sind i.d.R. Wertpapiere mit einem AAA-Rating. Dann werden Schritt für Schritt alle nachrangigen Wertpapiere aus den eingehenden Zahlungsströmen bedient. Der Zahlungsstrom ähnelt insofern einem Wasserfall, als eingehende Zahlungen von "oben nach unten" an Investoren verteilt werden. Eventuelle Verluste hingegen steigen von "unten nach oben". Sie werden zuerst der „nachrangigsten“ Tranche belastet, bis diese "verbraucht" ist. Die nachrangigste Tranche wird daher auch "Erstverlusttranche" (First Loss) genannt und hat normalerweise kein Rating. In der Regel behält sie der Orginator im eigenen Bestand.
Je nach Stellung im Wasserfall erhalten die Investoren eine angemessene Verzinsung. Mit der Nachrangigkeit steigt die Verzinsung risikogerecht an, so dass Investoren zwischen unterschiedlichen Ertrags-Risiko-Kombinationen wählen können.
Fester Bestandteil von ABS Transaktionen sind notwendigerweise sogenannte Limited Recourse-Regelungen. Sie dienen dazu, das Forderungsportfolio von allen übrigen Risiken, insbesondere des Inhabers der Forderungen, zu isolieren und so den Inhabern der Schuldverschreibungen zu ermöglichen, ausschließlich in das den Forderungen inhärente Risiko zu investieren. Insbesondere soll damit verhindert werden, dass der Eigentümer der Forderungen, d.h. die Zweckgesellschaft auf die sie übertragen wurden, unlimitierten Forderungen Dritter ausgesetzt wird und somit drohen könnte, zahlungsunfähig zu werden. Dieser Mechanismus verhindert u.a. eine Insolvenz der Gesellschaft aufgrund Zahlungsunfähigkeit, die andernfalls bereits aufgrund eines einmaligen Mangels an liquiden Mitteln auftreten könnte. Limited-Recourse-Regelungen sind ein Kernstück jeder Verbriefungstransaktion, ohne die keine Verbriefungstransaktion denkbar ist.
Die Limited-Recourse-Regelung bestimmt grundsätzlich, dass, soweit an einem bestimmten Zinszahlungstermin nach Maßgabe der Zahlungsreihenfolge die Einnahmen aus dem Forderungsportfolio nicht ausreichen, um die Zahlungsverpflichtungen der Gesellschaft zu bedienen, der entsprechende Gläubiger keinen Anspruch auf Zahlung dieses Betrags hat. Sind z.B. an einem Zahlungstag nicht genügend Mittel vorhanden, um Zinsen auf eine bestimmte Klasse von Schuldverschreibungen vollständig zu zahlen, hat der Inhaber dieser Schuldverschreibungen keinen Anspruch auf Zahlung dieser Zinsen an dem betreffenden Zahlungstag. Die Mehrheit der Verbriefungstransaktionen ist demnach so ausgestaltet, dass der Zinsanspruch am folgenden Zinszahlungstermin in der noch nicht gezahlten Höhe wieder auflebt und dann gemäß seiner Position der Zahlungsreihenfolge bei der Verteilung der Einnahmen berücksichtigt wird.
Das gleiche Prinzip gilt auch für die Tilgung der Schuldverschreibungen. Auch diese erfolgt während der Laufzeit der Schuldverschreibungen nach Maßgabe der Zahlungsreihenfolge und ebenfalls nur insoweit genügend Liquidität zur Verfügung steht. Am Ende der Laufzeit werden die Schuldverschreibungen vollständig zur Rückzahlung fällig.
Dies wird auch sichergestellt durch die Ausgestaltung der Zahlungsreihenfolge. Dies ist im Einzelfall bei den verschiedenen Transaktionen unterschiedlich. Allen Zahlungsreihenfolgen ist gemein, dass Zahlungen immer zuerst auf die höchstrangige und danach, absteigend, auf die nächstrangige Klasse von Schuldverschreibungen gezahlt werden, während die Verluste in der umgekehrten Reihenfolge allokiert werden.
Eine beispielhaft, wenngleich vereinfachte Zahlungsreihenfolge für die Verteilung der am jeweiligen Zahlungstermin vorhandenen Einnahmen aus dem Forderungsportfolio (Zinsen, Kapitalzahlungen, Swapzahlungen, Verwertungserlöse, etc.) sieht in etwa wie folgt aus:
(i) Bestimmte Kosten der Gesellschaft bzgl. Steuern und anderen Abgaben
(ii) Gebühren von Dienstleistern (wie Treuhänder, Agenten, etc.)
(iii) Bestimmte Zahlungen an die Swap Gegenpartei
(iv) Auffüllen von Reservekonten
(v) Zinsauszahlungen unter den Klasse A Schuldverschreibungen
(vi) Zinsauszahlungen unter den Klasse B Schuldverschreibungen
(vii) Kapitalzahlung unter den Klasse A Schuldverschreibungen
(viii) Kapitalzahlung unter den Klasse B Schuldverschreibungen
(ix) Zinszahlung an den First Loss Holder
(x) Kapitalzahlung an den First Loss Holder
Beispiele für derartige Wasserfälle sowie ihre Darstellung in dem Investorenreport kann man den Offering Circulars und Investorenreports von TSI zertifizierten Transaktionen entnehmen.
Zu den TSI zertifizierten Transaktionen
Zu den Vorteilen der Verbriefung über eine deutsche Emissionsgesellschaft siehe
Deutsches SPV