Die Verbriefung von Unternehmensforderungen

Der Kredit bleibt zwar bei der Unternehmensfinanzierung das dominierende Finanzierungsinstrument, wird aber mehr und mehr durch kapitalmarktnahe Produkte ergänzt. Besonders bei dem in Deutschland dominierenden gehobenen Mittelstand in Familieneigentum kommt es dabei darauf an, dass die Anforderungen aus der Finanzierungsstruktur zur Führungs-, Entscheidungs- und Informationskultur des Unternehmens passen.

ABS basierte Finanzierungsinstrumente für mittelständische Unternehmen (beispielsweise die Verbriefung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen) tragen diesem Gedanken in besonderer Weise Rechnung. Der gehobene Mittelstand erhält durch eine Verbriefung direkten bzw. indirekten Zugang zum Kapitalmarkt. Die Finanzierungsquellen werden diversifiziert und die Abhängigkeit vom Bankkredit sowie der eigenen schwankenden Bonität gemindert. Die Verbriefung von Handelsforderungen ist für die Unternehmen zudem eine kapitalmarktnahe Finanzierung, die sich flexibel an ihr Umsatzvolumen anpasst, ohne dass sie den Aufwand eines externen Ratings auf sich nehmen müssen. Hinzu kommt, dass Unternehmen ggfs. auch ihre Bilanzkennzahlen verbessern können und das operative Forderungsmanagement wird optimiert.

Die Vorteile einer ABS-Finanzierung im Überblick

  • Zugang zum Kapitalmarkt ohne externes Unternehmensrating
  • Günstige Refinanzierungskosten
  • Bilanzschonende Finanzierung
  • Reduktion der Kapitalkosten
  • Verbreiterung der Finanzierungsbasis
  • Verbesserung der Eigenkapitalquote durch Bilanzverkürzung
  • Kompatibilität mit der mittelständischen Leitungs- und Unternehmenskultur
  • Transfer von Risiken an den Kapitalmarkt
  • Risikoverteilung verbessert sich
  • Zinsrisikomanagement verbessert sich

Jedes Unternehmen hält Kundenforderungen auf seiner Bilanz. Das Grundprinzip der Verbriefung besteht darin, dass diese bislang brachliegenden Vermögenswerte auf revolvierender Basis, d.h. ständig neu von dem Unternehmen an eine Zweckgesellschaft verkauft werden. Das Unternehmen erhält entsprechend Liquidität. Die ankaufende Zweckgesellschaft wiederum refinanziert sich durch die Ausgabe von Asset Backed Commercial Paper, die durch eben jene revolvierend angekauften Forderungen besichert sind.

Im Unterschied zum Factoring verbleibt das auf die verkauften Forderungen bezogene Debitorenmanagement im Interesse einer vertrauensvollen Kundenbeziehung in der Regel beim Verkäufer, also dem mittelständischen Unternehmen.

Die Verbriefung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen läuft im Wesentlichen wie folgt ab:

  • Abstimmung der Vorgehensweise mit einer die Verbriefung begleitenden Bank (Arranger)
  • Auswahl eines nach Möglichkeit breit diversifizierten und relativ homogenen Forderungsportfolios
  • Prüfung des Portfolios hinsichtlich Diversifikation und historischer Ausfallraten
  • Prüfung der Systeme und Prozesse des Debitorenmanagements durch die arrangierende Bank und die Ratingagenturen. Ggf. entsprechende Verbesserungen vornehmen (durch Unternehmen)
  • Festlegung der Transaktionsstruktur einschließlich der notwendigen Sicherheitenverstärkung (Credit Enhancement), beispielsweise in Form von Abschlägen, Liquiditätslinien der Bank bzw. Warenkreditversicherungen
  • Vollständiger und regressloser Verkauf der Forderungen an die Zweckgesellschaft sowie Aufbereitung der Transaktion in einer Dokumentation
  • Zweckgesellschaft refinanziert sich durch ABCP

Üblicherweise beträgt die Laufzeit eines derartigen Vertrages etwa 5 Jahre. Während dieser Zeit wird das verbriefte Portfolio ständig über den Ankauf neuer Forderungen aufgefüllt, die jedoch hinsichtlich der Anforderungen, d.h. Diversifikation und Bonität der Schuldner den gestellten Bedingungen weiterhin entsprechen müssen.

Bislang müssen Unternehmen in Deutschland für derartige Verbriefungen noch ausländische Zweckgesellschaften wählen, da es ansonsten zu einer gewerbesteuerlichen Doppelbesteuerung in der Finanzierungskette käme (Gewerbesteuer beim dem Unternehmen, dass die Finanzierung nutzt und noch einmal eine gewerbesteuerliche Belastung der Finanzierung bei der Zweckgesellschaft für deren Refinanzierungsaufwand). Wichtig wäre daher, derartige Finanzierungen auch bei Nutzung deutscher Zweckgesellschaften von einer gewerbesteuerlichen Doppelbelastung zu befreien.

 

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