Struktur & Ablauf

Grundlagen

Struktur & Ablauf

Die Kernelemente einer Verbriefungstransaktion

Was macht eine Verbriefung aus?

Eine Verbriefung beginnt mit Festlegung der zu erreichenden Ziele, davon abhängig erfolgt die Identifikation des zu verbriefenden Portfolios. Es ist zu entscheiden, ob ein zivilrechtlicher Verkauf (True Sale) an ein SPV erfolgen soll. Dieses finanziert dann den Ankauf über Wertpapiere am Kapitalmarkt oder über eine oder mehrere Banken. Alternativ wird bei Banken über eine synthetischen Bilanzverbriefung ein Absicherungsvertrag mit einem oder mehreren Investoren abgeschlossen, ohne dass ein echter Verkauf stattfindet. In jedem Fall ist es das definierende Merkmal von Verbriefungen, dass die Aufteilung von Forderungsausfallrisiken über mehrere Tranchen abgebildet wird, die in einer unterschiedlichen Rangfolge zueinanderstehen. Aus den eingehenden Zahlungen der unterlegten Forderungen (Underlyings) des Portfolios werden zunächst die Zins- und Tilgungszahlungen der vorrangigen Tranchen bedient (Wasserfallprinzip). Ebenfalls definierend für Verbriefungen ist zudem, dass die Rückzahlung der emittierten Wertpapiere von den Zahlungen der unterlegten Forderungen abhängen, und das verbriefende Unternehmen oder Bank nicht direkt für die Rückzahlung der Finanzierung haftet. Verbriefungen werden daher auch als „Asset-Backed Securities (ABS)“ bezeichnet.

Asset-Backed Securities (ABS)

Bei klassischen Asset-Backed Securities (ABS) geht das Asset auf ein schuldrechtliches Verhältnis zwischen einem Forderungsschuldner (beispielsweise dem Kreditnehmer einer Bank) und dessen Gläubiger (hier: eine kreditfinanzierende Bank) zurück. Im Rahmen dieser ABS-Transaktion tritt die Bank als Forderungsverkäufer (Originator) auf. Der Forderungsverkauf ist regresslos: Der Investor erwirbt bei einer Verbriefung keine weiteren Ansprüche gegen den Forderungsverkäufer (Originator) und trägt damit das Risiko bei Rück- und Zinszahlungen aus dem zugrundeliegenden schuldrechtlichen Verhältnis. Der Weg des Übertrags der Forderung führt hierbei im Regelfall über eine zwischen dem Originator und Investor geschaltete Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, SPV).

SPV

Das SPV sorgt für eine rechtliche Trennung der verbrieften Forderungen vom Originator (True Sale). Sollte der Originator insolvent werden, haben dessen weitere Gläubiger keinen Zugriff auf die verbrieften Forderungen im SPV. Alle zukünftigen Zahlungsströme aus diesen Forderungen stehen dem SPV zu. Das SPV bedient selbst im Insolvenzfall des Originators die Rück- und Zinszahlungsansprüche von Investoren aus den verbrieften Forderungen. Das SPV wird daher in der Praxis ebenfalls insolvenzfern ausgestaltet. Entsprechende Vertragsgestaltungen schließen aus, dass das SPV andere Aktivitäten entfalten und/oder andere Geschäftsrisiken eingehen kann (so genannte Limited Recourse Klauseln).

Die verbrieften Forderungen dienen aus Sicht der Investoren ohne Einschränkung als Haftungsmasse.

Credit Spreads

ABS werden typischerweise als variabel verzinsliche Wertpapiere emittiert. Deren Zinsaufschlag (Credit Spread) in Basispunkten über einem Referenzzinssatz (meist 1-Monats-Euribor) spiegelt das Ausfallrisiko des Wertpapiers und damit die Rendite des Investors wider.

Die Höhe des Spread hängt insbesondere von den folgenden Faktoren ab:

  • Rating
  • Assetklasse
  • Laufzeit
  • Herkunftsland des Originators bzw. der Forderungen
  • makroökonomisches Umfeld

 

Daneben sind noch eine Reihe weiterer Faktoren (z. B. Kreditrating des Originators, STS- und EZB-Fähigkeit maßgeblich für die Entwicklung von Spreads von Verbriefungen.

Credit Enhancements

Es gibt für Verbriefungen einige Mechanismen, sogenannte Credit Enhancements, welche das Kreditrating bzw. Ausfallrisiko des emittierten Wertpapiers aus Sicht von Investoren der jeweiligen Tranche zusätzlich senken sollen. Die gängigsten Credit Enhancements sind eine positive Zinsdifferenz zwischen aus dem Portfolio vereinnahmten Zinsen und an die Investoren gezahlten Zinsen (Excess Spread) oder eine Übersicherung (Overcollaterisation), bei der das zugrundeliegende Portfolio größer ist als das Volumen der ausgegebenen Wertpapiere. Als weiteres Element des Credit Enhancements dient die für Verbriefungen übliche Tranchierung, die für höherrangige Tranchen eine Besicherung durch nachrangige Tranchen herstellt. Durch die Einbindung von Versicherungspolicen für entstehende Verluste oder Garantien lässt sich dieses Risiko weiter reduzieren. Dennoch denkbare Verluste können Investoren beispielsweise dann entstehen, wenn Zahlungsverzögerungen oder Ausfälle bei den unterlegten Kreditforderungen eintreten und/oder der Verwertungserlös aus den hinterlegten Sicherheiten nicht ausreichen.

Aus Sicht von Investoren stärkt diese Art der Strukturierung von Verbriefungen ihren reinen „asset-backed“ Charakter. Zudem gelingt es aus Sicht der Originatoren, ein Portfolio, dessen Einzelforderungen mit einem Durchschnittsrating von BBB oder sogar schlechter bewertet sind, zu einem großen Teil in eine erstrangige AAA-Tranche zu wandeln, die Erstverlusttranche mit einem schlechteren Rating als das Portfolio wird oft durch den Originator finanziert.

STS und EZB-Fähigkeit

Die Verbriefungsverordnung hat mit dem STS-Siegel einen neuen Qualitätsstandard eingeführt (siehe Regulierung). Die STS-Fähigkeit sorgt für ein europaweit einheitliche und durchgängige Regulierung der Verbriefung vom Originator bis zum Investor. Als Qualitätsmerkmal beeinflusst es insbesondere die Handelbarkeit und damit die Liquidität von Verbriefungen positiv und senkt somit tendenziell den Spread.

Ein weiteres wichtiges Merkmal von Verbriefungen ist ihre EZB-Fähigkeit. Die EZB-Fähigkeit von ABS ist mit Blick auf die Diversifizierung der Refinanzierung für Bankinvestoren von besonderer Relevanz. Sie gibt diesen die Sicherheit, dass die EZB Verbriefungen als Sicherheit für Repogeschäfte im Rahmen ihrer geldpolitischen Maßnahmen akzeptiert. Auch für Nicht-Bankinvestoren wie Fonds, Asset Manager oder Versicherer ist die EZB-Fähigkeit wichtig, da dadurch eine höhere Liquidität im Sekundärmarkt zu erwarten ist.

Weitere Informationen

Markt

Folgende Kriterien sind dabei Voraussetzung für die EZB-Fähigkeit von ABS (zuletzt im Dezember 2018 angepasst):
  • Ausgabe der Notes in Euro
  • Zwei Ratings von mindestens A- von zwei offiziell anerkannten Ratingagenturen
  • True Sale Verbriefung
  • Keine ABS in der Verbriefung enthalten
  • Originator und SPV haben ihren Sitz innerhalb des EWR
  • Schuldner der Kreditforderungen müssen entweder Unternehmen oder Verbraucher sein.
  • Nur die Senior Tranche wird akzeptiert
  • Daten auf Einzelkreditebene (Loan Level Data) werden über ein Verbriefungsregister (siehe European DataWarehouse) bereitgestellt

Es ist davon auszugehen, dass die EZB auch zukünftig STS nicht als Voraussetzung für die EZB-Fähigkeit macht. Es ist allerdings unklar, ob bzw. in welchem Umfang die EZB zukünftig STS als Kriterium in der Berechnung der Haircuts berücksichtigen wird.

Darüber hinaus gibt es seit etwa 2008 viele speziell strukturierte, zurückbehaltene Transaktionen (Retained Transactions). Hier verbrieft eine Bank Teile ihres Portfolios einzig zu dem Zweck, um damit notenbankfähige Sicherheiten zu generieren, diese also als Liquiditätsreserve auf der eigenen Aktivseite der Bilanz zu halten und sich bei Bedarf bei der EZB zu deren günstigen Bedingungen zu refinanzieren.

Wie funktioniert der Prozess einer traditionellen Verbriefung?

Grundstruktur einer ABS-Verbriefungstransaktion

 

Quelle: TSI, eigene Darstellung

Eine typische, traditionelle Verbriefung einer ABS-Transaktion von Krediten einer Bank
  • Eine ABS-Transaktion beginnt, indem eine Bank als Originator ein geeignetes Portfolio von Krediten für eine Verbriefung auswählt. Bei Krediten kann es sich beispielsweise um Darlehen an Mittelständler, um Wohnungsbaukredite, um Konsumentenkredite oder Autofinanzierungen handeln
  • Ein Arranger (oder auch Underwriter) plant, organisiert und strukturiert gemeinsam mit dem Originator die Transaktion.
  • Der Arranger ermittelt die bestmögliche Tranchierung der Verbriefung unter Berücksichtigung der Struktur und erwarteten Performance der Forderungen, koordiniert den Ratingprozess und stimmt die Gestaltung mit den Bedürfnissen des Originators und der Investoren ab.
  • Der Originator verkauft die Forderungen an das SPV in Form einer stillen Abtretung (Zession) idealerweise in Form eines rechtlichen, wirtschaftlichen und bilanziellen Abgangs.
  • Das SPV gibt nun verschiedene Tranchen an Wertpapieren (Notes) aus. Dabei werden die Tranchen bzw. die Notes nach ihrem Rang unterschieden. Die Tranche mit dem höchsten Rang wird meist als Senior Tranche bezeichnet, darunter folgen die Mezzanine Tranchen. Die Tranche mit dem niedrigsten Rang und höchstem Ausfallrisiko ist die Junior Tranche.
  • Die Wertpapiere werden vor der Emission im Regelfall von mindestens zwei Ratingagenturen bewertet. Eine Ausnahme stellt dabei zumeist die Junior-Tranche dar. Dieses Risiko (First Loss) behält die originierende Bank häufig selbst ein.
  • Die Notes werden über das SPV unter Mitwirkung des Arrangers am Kapitalmarkt platziert und durch Investoren erworben.
  • Das SPV nutzt die Erlöse aus der Emission der Notes für die Zahlung des Kaufpreises für das Kreditportfolio.
  • Die originierende Bank erhält die Zahlung aus dem Verkauf des Kreditportfolios, womit die Emission der ABS-Transaktion abgeschlossen ist.
Weitere Transaktionsparteien

Ein Datentreuhänder wird eingeschaltet, damit beim Verkauf der Forderungen nicht die persönlichen Daten der Forderungsschuldner weitergegeben und dadurch das Bankgeheimnis sowie die Bank-Kundenbeziehung gestört werden. Der Datentreuhänder erhält die Kunden- und Kreditdaten und kann sie nur im Bedarfsfall (beispielsweise bei der Insolvenz eines Forderungsschuldners) an Dritte weitergeben.

Ein Sicherheitentreuhänder, im Regelfall ein spezialisierter Dienstleister oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, übernimmt im Interesse der Investoren die Kontrolle über die Sicherheiten und die ordnungsgemäße Abwicklung aller Zahlungsströme.

Der Servicer führt die laufende Verwaltung der Kredite durch, d. h. die Kreditüberwachung, den Einzug von Tilgung und Zinsen, das Mahnwesen und im Störungsfall auch die Verwertung der Sicherheiten. Aufgrund von Kundennähe und administrativem Know-how verbleibt das Servicing der Forderungen (Kreditverwaltung) in aller Regel bei der originierenden Bank, auch wenn diese in Folge des Verkaufs der Forderungen nicht mehr juristischer und/oder wirtschaftlicher Eigentümer der Forderungen ist. Das bedeutet für den eigentlichen Endkreditnehmer wie zum Beispiel Konsumenten oder Mittelständlern, dass die Verbriefung keine Auswirkungen auf die Kundenbeziehung mit der kreditgebenden Bank hat. Die eigentliche Bank-Kundenbeziehung verändert sich durch eine Verbriefung regelmäßig nicht.